Die Prophezeihung by wintergoettin | World Anvil Manuscripts | World Anvil
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Prolog Kapitel 1 - Unfreiwilliges Aufeinandertreffen Kapitel 2 - Beschauliche Abendgesellschaft

Craydon
Ongoing 5186 Words

Kapitel 2 - Beschauliche Abendgesellschaft

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»Sagt das nicht mir. Damals wurde auch nichts unternommen und ich trage die Narbe noch heute. Nicht ich bin es, der den Streit herauf beschwört, also lasst mich bitte in Frieden mit derlei Belanglosigkeiten, Sire.« 
Das letzte Wort spie sie förmlich aus, zog den Stoff grob zurück an Ort und Stelle und verließ die Scheune. Was bildete sich dieser arrogante Schnösel ein? Er hatte doch keine Ahnung, wie ihr Leben war, was ihr passiert war und überhaupt war er gar nicht so toll. Seine blauen Augen und seine gerade Nase, seine langen nachtblauen Haare und erst dieser sinnliche Mund in diesem überaus hübschen Gesicht. Ihre Gedanken schweiften ab, das war nicht gut. Er tat ihrem inneren Gleichgewicht nicht gut.
Leise fluchend marschierte sie ins Haus und achtete nicht auf ihre Umgebung. Als Urias mit ihrer rechten Schulter zusammen stieß, schrie sie gepeinigt auf. Sie hatte sich eindeutig nicht unter Kontrolle. Vor Schmerzen taumelte sie und stürzte beinah. Urias fing sie auf und setzte sie auf dem Boden ab.
»Alles in Ordnung, Gabb?«, fragte er voller Sorge. 
Gabrielle schüttelte den Kopf und kniff die Augen zusammen. Dann raufte sie sich mit zittriger Hand die Haare. 
»Gar nichts ist in Ordnung, Urias. Gar nichts ist in Ordnung.«
Er legte sanft seine Stirn an ihre und eine Hand an ihren Hals.
»Komm Gabb, ich bringe dich auf dein Zimmer.«
»Nein, dort wird Sir Dyke die Nacht verbringen, ich werde in der Scheune bei den Pferden schlafen.«
Er hob seinen Kopf und sah ihr in die Augen, dann strich er sanft über ihre Haare.
»In Ordnung, wie du möchtest. Lass mich dir noch auf Helfen.« 
Griff er ihr unter den linken Arm und hob sie hoch.
»Bis zum Abendessen dauert es nicht mehr lange. Eloria hilft Agnis etwas. Dein Bruder ist in seinem Arbeitszimmer.« 
Er musterte sie und grinste leicht. 
»Und ganz ehrlich, du siehst beschissen aus.«
Gabrielle streckte ihm die Zunge raus und knuffte ihn an der Schulter, dann ging sie in den hinteren Teil des Hauses und klopfte an die massive Eichentür, die in das Arbeitszimmer ihres Bruders führte.
»Herein«, sagte Leonidas und Gabrielle öffnete die Tür. Leise trat sie ein.
»Ah, du bist es. Wie geht es unserem Gast?«, fragte er erstaunlich gefasst, schaute wieder auf seine Papiere und tauchte die Schreibfeder in das Tintenfass. Langsam ließ er diese dann über das Dokument gleiten und trug in einigen Spalten Zahlen ein. Als sie immer noch schwieg, sah er auf.
»Also?«
Gabrielle ließ sich auf einen der Stühle fallen und faltete sittsam die Hände. Eine Geste, die so überhaupt nicht zu ihr passte. Sie hob an zu sprechen, da sie es nicht länger aufschieben konnte.
»Es geht ihm soweit gut. Scheinbar hatte er nach dem Aufwachen Kopfschmerzen und er hat mein Angebot angenommen, heute hier zu übernachten, jedoch …«
Als sie stockte, wurde sie mit Blicken durchbohrt.
»Was jedoch? Wird es Ärger geben für den Hof? Du weißt, dass diese Familie schon einige Tiefschläge hat hinnehmen müssen. Ich werde nicht zulassen, dass es zu einem Weiteren kommt«, wurde sein Tonfall etwas lauter. Gabrielle zeigte sich davon wenig beeindruckt. Ihr Bruder hatte vollkommen Recht und sie fuhr fort.
»Ich glaube, er will mehr über mich wissen. Er kann meinen mentalen Schutzwall umgehen, wie ich es bei niemandem bisher erlebt habe. Um ehrlich zu sein, ich möchte nicht länger mit ihm zu tun haben, als nötig.« 
Sah sie ihn direkt an. Er schien zu erbleichen.
»Was meinst du damit? Du kannst seit Jahren beeinflussen, ob du die Gefühle und Stimmungen deiner Umgebung wahrnimmst. Konzentrierst du dich nicht richtig?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Nein, es ist wie immer, nur er scheint hindurch zu schlüpfen. Ich weiß nicht, woran es liegt und es macht mir Angst, wenn ich Dinge aufschnappe, die ich nicht wissen möchte.«
Dass sie ihn schon im Wald so deutlich gespürt hatte, verschwieg sie ihm besser. Sie sah ihn an und wusste, dass er überlegte, da sich eine steile Falte auf seiner Stirn bildete.
»Was soll geschehen Leo?«
Er sah sie direkt an und stützte seinen Kopf auf seinen verschränkten Händen ab.
»Ich werde nicht zulassen, dass dieser Familie noch mehr geschadet wird. Alina ist tot und es war ein sinnloser Verlust.«
Gabrielle spürte einen Stich in der Brust, als sie an ihre Schwester dachte, und senkte das Haupt.
»Dennoch verlange ich von dir, dass du alles tust, was Sir Dyke von dir verlangt. Er ist der Berater des Dukes und du kennst dessen Ruf nur zu gut. Sir Dyke mag ein moderates Verhalten an den Tag legen, jedoch wage ich zu zweifeln, dass er seine Stellung und Macht nicht einsetzen würde, um zu erreichen, was auch immer er will.«
Gabrielles Kopf schnellte wieder in die Höhe. Leise sprach sie.
»Soll das heißen, dass ich ihm zu Willen sein soll, selbst wenn er nach mir verlangt?«
Leonidas ließ sich zurücksinken und runzelte die Stirn.
»Er geht davon aus, dass du ein Mann bist und keine Frau. Selbst wenn, würde es ihm vermutlich sogar gefallen, wenn du eine Frau wärst. Soweit ich den Gerüchten im Ort Glauben schenken kann, scheint er sehr begabt zu sein.«
Leonidas Worte klangen hart und Gabrielle verkrampfte sich innerlich. Sie wurde wütend und das war in Gegenwart ihres Bruders nicht gut. Zwar verstanden sie sich, aber sobald sie unbeherrscht wurde, endete es meist unschön.
»Du, mein eigener Bruder, würdest mich verkaufen an einen Adligen?«, zischte sie eisig und mit zusammengekniffenen Augen. Leonidas Hände sanken auf die Armlehnen und seine Finger krampften sich darum.
»Wag es nicht, in diesem Ton mit mir zu reden. Ich sorge für diese Familie, und wenn ich dich verheiraten will oder sich die Gelegenheit ergibt, so werde ich das auch tun. Selbst wenn es mir nicht behagt, wenn ich bedenke, wer aktuell zur Debatte steht.«
»Ha, er weiß es ja noch nicht einmal. Er kennt mich nicht. Er ist arrogant. Ich mag ihn nicht«, schrie sie ihren Bruder an. Sie hatte sich erhoben und Leonidas lachte leise auf.
»Jetzt verrätst du dich Gabb. Du magst ihn sehr wohl.«
Inzwischen war Gabrielle außer sich vor Wut und lief im Zimmer auf und ab. Es war ihr egal, was ihr Bruder tat. Sie konnte, nein, sie wollte nichts mit dem Fremden zu tun haben. Ihre Hände waren krampfartig zusammen geballt und als sie sich wieder an ihren Bruder wandte, hatte sie fast jegliche Selbstbeherrschung verloren.
»Du verlangst von mir, mich mit jemandem abzugeben, der eine Gefahr für mich darstellt, verlangst von mir, mich notfalls zu verkaufen?«
Sie riss die Tür auf und war drauf und dran das Arbeitszimmer zu verlassen.
»Vergiss es, Bruder. Da mache ich nicht mit.« 
Spürte sie einen Anflug von Wuttränen. Umwendend erstarrte sie in der Bewegung, als sie erkannte wer vor ihr stand. 

Alexius stand wie vor den Kopf geschlagen in der Scheune und sah Gabriel nach. Was war hier passiert? Wie konnte er nur den Zorn des Jungen auf sich ziehen? Diese grünen Augen, die sich förmlich in sein Fleisch bohrten, als wollten sie ihn vernichten. Wie betäubt, schüttelte er den Kopf und sah ihm hinterher.
Als er im Haus verschwand, hörte er einen Aufschrei und wollte in die Richtung rennen. Doch das Bild, das sich ihm bot, ließ ihn innehalten. Ein Mann fing ihn auf und setzte ihn in den Türrahmen, dann legte er seine Stirn an Gabriels. Hätte er es nicht besser gewusst, würde er sagen, dass ihn erneut ein Stich der Eifersucht durchzuckte. Der Fremde war groß und kräftig gebaut. Alexius selbst war nicht eben schmal, mit diesen Schultern allerdings konnte er nicht mithalten.
Seine Gedanken gingen in eine seltsame Richtung, stellte er leicht entsetzt fest. Gabriel war ein Junge, obwohl seine Gesichtszüge äußerst feminin und fein wirkten. Und dann diese moosgrünen Augen, die teilweise aussahen wie ein wogender Wald bei Sturm. Er schalt sich einen Narren, den er wohl aus sich machen würde.
Nachdem Gabriel im Haus verschwunden war, wollte er ebenfalls auf das Gebäude zusteuern, als der Mann mit den breiten Schultern neben ihm auftauchte. Er verbeugte sich leicht.
»Sire.« 
Dann ging er weiter auf eine der Boxen zu. Alexius wandte sich ihm zu und räusperte sich.
»Sir Dyke?« 
Alexius lächelte leicht und senkte kurz den Kopf.
»Wie ist euer Name?«
»Ich heiße Urias McBain«, lächelte dieser unverbindlich und nahm einen leeren Eimer zur Hand.
»McBain, bitte verzeiht, aber ich habe eine Frage über Gabriel. Wie kam er zu der Narbe am linken Schlüsselbein?«
Urias schien in der Bewegung zu erstarren und musterte sein Gegenüber. Er schmunzelte leicht und zuckte die Schultern.
»Ich war zu der Zeit noch nicht hier auf dem Hof. Ich habe zwar Geschichten von Gabb und seinem Bruder gehört, allerdings wäre es besser, wenn Ihr die beiden selbst fragt. Ich weiß nur, dass es bei einem Reitturnier passierte.«
Damit verbeugte er sich und ging mit dem Eimer nach draußen.
Alexius stand wieder allein da und schaute zum Haus hinüber. Die Lichter im Inneren wurden langsam angezündet, da die Sonne am Horizont verschwand und nur wenig Licht spendete. Weiterhin grübelnd sah er sich auf dem Innenhof um. Es gab mehrere Gebäude, unter anderem das Haupthaus, weitere Ställe wie es schien und eine Schmiede. In der Mitte stand der Brunnen.
Langsam schlenderte er hinüber und zog einen Eimer Wasser heraus. Nachdem er sich Gesicht und Hände gewaschen hatte, steuerte er zum Haus. Hinter einer Tür hörte er eine laute Stimme und verharrte. Ein »Verkaufen« schwang mit, als die Tür aufgerissen wurde. Dann schrie Gabriel jemanden an.
»Vergiss es, Bruder. Da mache ich nicht mit.« 
Und wandte sich um. Alexius erblickend, blieb er wie angewurzelt stehen. Er wusste nicht, was er sagen sollte, da sich Gabriels Gesicht vor Abscheu zu verzerren schien. Als er davon stürmte, rief aus dem Arbeitszimmer eine tiefe männliche Stimme.
»Ich erwarte, dass du zum Abendessen erscheinst.«
Die Drohung schwang deutlich in der Luft mit. Alexius sah einen eisigen Blick von Gabriel auf sich ruhen und es fröstelte ihn. Der Junge schien sichtlich mit sich zu kämpfen und knirschte mit den Zähnen, als er eine Verbeugung in die Richtung des Arbeitszimmers andeutete und ein paar Worte hervorpresste.
»Wie du wünschst, Bruder.« 
Der Abscheu klang deutlich mit. Mit einem vernichtenden Blick auf Alexius, verließ Gabriel das Haus. Er sah ihm nach. Im Türrahmen erschien ein großer blauäugiger Mann. Er war von der Arbeit muskulös und neigte den Kopf vor Alexius.
»Bitte verzeiht, Sir Dyke, dass Ihr Zeuge dieser Auseinandersetzung werden musstet. Mein Name ist Leonidas Mayfield und ich bin seit dem Tod meines Vaters der Familienvorstand. Wenn ihr möchtet, so führe ich Euch auf dem Anwesen herum.«
Alexius musterte ihn und lächelte.
»Nein, ich würde es bevorzugen, wenn Gabriel mir alles zeigt. Wobei es wohl eher morgen besser wäre, da die Nacht anbricht.«
Leonidas lächelte ebenfalls unverbindlich und neigte leicht den Kopf.
»Wie ihr möchtet. Gabb sagte mir, dass ihr sein Angebot der Übernachtung angenommen habt und ich freue mich, Euch als Gast meiner Familie willkommen zu heißen. Es gibt bald Abendessen. Ihr könnt gern mit uns zusammen essen oder auch auf eurem Zimmer. Ganz wie es Euch beliebt, Sire.«
Er musterte den Familienvorstand und nickte.
»Ich würde gern mit eurer Familie zusammen essen.«
Leonidas grinste verschmitzt, dann deutete er auf die offene Tür ins Arbeitszimmer.
»Bitte, ich würde gern noch etwas mit Euch besprechen.«
»Natürlich«, ging Alexius in das Arbeitszimmer und ließ sich in einem Sessel nieder.
Leonidas setzte sich ihm gegenüber und schlug die Bücher zu. Zweifellos war er nicht fertig, wollte ihm aber aktuell keine Einsicht geben, wenn es nicht notwendig erschien. Der blonde Mann mit den blauen Augen schien etwas nervös zu sein, so ergriff Alexius das Wort.
»Was wolltet ihr mit mir besprechen?«
Leonidas verschränkte die Hände, dann öffnete er sie wieder und legte sie auf die Armlehnen seines Stuhles.
»Wegen der Sache heute im Wald.«
Alexius winkte ab.
»Seid unbesorgt. Es war ein Unfall und Gabriel hat sich mehrfach dafür entschuldigt. Ich sehe es als Gelegenheit an, einige der Untertanen meines Herrn näher kennen zulernen.«
Die Anspannung schien von Leonidas abzufallen und man sah deutlich, dass seine Schultern etwas nach unten sanken. Er rieb sich mit den Fingerspitzen an der Stirn.
»Darf ich offen sprechen, Sire?« Leonidas war trotz seiner Erleichterung nervös.
»Nur zu«, erwiderte Alexius gelassen.
»Es war nicht immer leicht für meine Familie und wir wollen keinen Ärger verursachen. Ich hoffe, Ihr betrachtet die Sache heute weiterhin als Unfall. Gabb liegt mir sehr am Herzen, auch wenn das gerade eben etwas anders aussah, und er ist zugegeben schwierig. In der Vergangenheit sind viele unschöne Dinge passiert und meine Familie leidet noch immer daran. Ich glaube sogar, Gabb leidet schlimmer als der Rest von uns.«
Alexius horchte auf und zog eine Augenbraue nach oben. Vielleicht war jetzt die Gelegenheit zu fragen. Er verschränkte die Hände und blickte nach unten.
»Würdet Ihr mir sagen, wie es zu der Verletzung an Gabriels linker Schulter gekommen ist? Er zeigte sie mir vorhin kurz und äußerte etwas, das mich ins Grübeln brachte.«
Leonidas schien im Sessel zu versinken und bedeckt seine Augen mit der Hand. Eine tiefe Traurigkeit erfüllte den Raum und Alexius hatte das Gefühl, doch die falsche Frage gestellt zu haben. Er rechnete nicht mehr damit, als sein Gegenüber leise zu sprechen begann.
»Es ist meine Schuld, dass Gabb diese Narbe hat. Zwar sind schon einige Jahre verstrichen, allerdings fühle ich mich immer noch dafür verantwortlich und werde es wohl auch bis zum Ende meiner Tage tun.«, sah er den Vertrauten des Dukes jetzt an.
»Wir veranstalteten hier auf dem Hof einen Markt. Es sollte ein Wettrennen stattfinden und unser Vater bestimmte, dass ich reite. Allerdings wollte ich nicht und Gabb wurde es verboten. Und da es mit Verboten ja immer so eine Sache ist, schlich sich Gabb in die Scheune und führte alle an der Nase herum. Das Rennen war fast klar, da er schon als Kind, ausgezeichnet ritt.«
Alexius sah Leonidas müde lächeln, er war aber immer noch tief traurig. Von einer Verletzung war bisher keine Rede gewesen. Eine kurze Pause entstand und Alexius wartete darauf, dass er weiter sprach.
»Gabb überquerte als Erster die Ziellinie. Man konnte die Freude förmlich spüren. Plötzlich jedoch kippte die Stimmung. Der Reiter des zweiten Platzes schlug auf die Stute ein, auf der Gabb saß. Sie stieg und beförderte ihn zu Boden. Im Tumult trat das Pferd auf Gabriels Schulter. Vater schrie aus Leibeskräften. Wir befürchteten alle das Schlimmste. Allerdings hatte Gabb Glück. Die Narbe jedoch blieb.«
Leonidas atmete tief durch und musterte Sir Dyke eingehend. Er schien tatsächlich aus Interesse zu fragen, nicht aus irgendwelchen niederen Gründen. Dann konnte er auch das Ende hören, dachte er sich.
»Mein Vater legte beim Friedensrichter ein Gesuch vor, woraufhin der Reiter bestraft werden sollte. Der Mann hatte eindeutig verloren und absichtlich ein Kind verletzt. Es wurde nichts weiter unternommen. Seither gibt es immer wieder Streit. Gabb meinte, dass heute im Wald, bevor Ihr bei ihm wart, wieder solch ein Vorfall war.«
Alexius schien gar nichts zu spüren. Er erkannte mit tiefem Entsetzen, dass er tatsächlich nicht wusste, was vor sich ging. Gabriel hatte mit seiner Aussage Recht. Er wusste nichts. Seine Miene verdüsterte sich und Leonidas stellte besorgt eine Frage.
»Ist alles in Ordnung, Sire? Die Geschichte ist wie gesagt schon einige Jahre her. Gabb macht das Beste daraus und ...«, Leonidas kicherte leise und es klang für einen Mann seiner Größe äußerst seltsam, »und versohlt den Gegnern immer die Hintern.«
Er sah den Hausvorstand überrascht an.
»Wie darf ich das bitte verstehen?«
Leonidas zuckte die Schultern und stand auf.
»Er wurde von unserem Vater im Schwertkampf geschult. Er hatte Spaß daran, auch wenn Vater ihn besonders hart herannahm. Gabriel gab nie auf.« 
Seine Augen blitzten, als er den Edelmann musterte. Schließlich neigte er den Kopf. 
»Und nein, er fängt keinen Streit an. Dafür ist er zu gut erzogen, dafür hat Mutter gesorgt.«, entstand eine kurze Pause, in der er Alexius betrachtete.
»Ich denke, das Abendessen ist gerichtet. Wir sollten in die Küche gehen«, lächelte er unverbindlich. Alexius erhob sich, blieb aber stehen.
»Ich danke euch, Mayfield. Dies lässt einige Sachen klarer erscheinen. Ich werde Gabriel gegenüber nicht erwähnen, dass Ihr es mir erzählt habt.«
Leonidas lächelte weiterhin unverbindlich und nickte.
»Ganz wie Ihr meint, Sire.«
Damit betraten sie die Küche. Zwei Frauen deckten den Tisch fertig und es roch nach gebratenem Fleisch. Die eine trug die Kleidung einer Bediensteten, eine Schürze und eine Haube auf dem dunkelblonden Haar. Sie knickste vor den eintretenden Herren und wandte sich dann an das blonde Mädchen. Sie trug ein blaues Kleid aus feinem Leinen und ihre Haare in einem Zopf.
»Wenn ihr mich braucht, ruft bitte nach mir, Herrin.«
»Vielen Dank Agnis. Ich denke, den Rest schaffe ich allein. Gönn dir einen schönen Abend«, sagte das kleine blonde Mädchen freundlich. Sie konnte kaum älter als 15 sein, dachte Alexius bei sich. Er sah die Ähnlichkeit zu Leonidas, da sie dieselben blauen Augen hatten. Ihn erstaunte die Autorität, mit der sie handelte.
Offen musterte er sie und dann begrüßte sie die zwei Männer. 
»Guten Abend, Sir Dyke. Bruder.« 
Zweitem schenkte sie ein warmes Lächeln. Leonidas trat an sie heran und hauchte einen Kuss auf ihre Wange.
»Das Essen sieht wunderbar aus.« 
Nahm er den Platz neben dem Kopfende des Tisches ein. Als Hausvorstand stünde ihm zwar diese Seite zu, allerdings war dort für Sir Dyke eingedeckt.
»Wie geht es eurem Kopf?«, brach das Mädchen das Schweigen und musterte Alexius eingehend. Er registrierte gar nicht, dass er gemeint war, so in Gedanken versunken bei der Betrachtung des heimeligen Raumes. An einer Wand standen die Schränke mit der Kochstelle und den Hauptteil nahm ein großer Tisch ein. Er räusperte sich.
»Ganz gut, die Kopfschmerzen haben wieder etwas nachgelassen.« 
Lächelte er das Mädchen an und wollte sich an eine der Seiten setzen. Leonidas sah ihn entsetzt an.
»Bitte Sir Dyke. Die Stirnseite ist für Euch vorgesehen.«
Alexius schüttelte den Kopf und setzt sich gegenüber von Leonidas hin. Er sah sich weiter im Raum um und musterte dann das Essen auf dem Tisch. Leonidas und Eloria sahen sich betreten an.
»Eloria, schau bitte, wo Urias und Gabb bleiben.«
Das Mädchen nickte und eilte nach draußen. Kurz darauf kehrte sie mit dem großen breitschultrigen Mann zurück. Leonidas sah ihn an und dann Eloria.
»Wo ist Gabriel, Urias?« 
Der Große zuckte die Schultern und zog die Augenbrauen ein wenig nach oben, als er die eigentümliche Sitzordnung sah. Er setzte sich neben Sir Dyke.
»Der hat in der Scheune wie ein Irrer auf sein Trainingsgerät eingedroschen. Ich hoffe er verletzt sich nicht«, hörte man die tiefe Stimme. Leonidas griff sich an die Stirn und raufte sich die kurzen Haare. Urias schien das alles zu erheitern, denn er lachte leise. Eloria wusste nicht so recht, was sie tun sollte, also nahm sie die Pfanne vom Herd und stellte sich neben den schwarzhaarigen Gast. Sie suchte die besten Fleischstücke heraus und legte sie ihm auf den Teller.
»Gabb macht mich nochmal wahnsinnig. Ich hoffe, er kommt bald, damit wir beginnen können«, murrte Leonidas.
Als Eloria ihm auftat, lächelte er sie an. Die restlichen Teller wurden gefüllt und sie setzte sich neben ihren Bruder. Einige Minuten vergingen und Leonidas wollte aufspringen, als sich die Tür öffnete.

Sie eilte in die Scheune und fing unvermittelt an auf ihren Boxsack zu dreschen. Ihr Bruder war schlicht und ergreifend ein dummer, sturer Esel. Wobei sie dieses Vorrecht vermutlich auch für sich gepachtet hatte. Nur Eloria war der Sonnenschein der Familie und ihre tote Schwester. Wie sehr sie sie doch vermisste.
Ihren Bruder hätte sie am liebsten erwürgt. Er wollte ernsthaft, dass sie sich an diesen Lackaffen verkaufte oder weitaus Schlimmeres. Nie würde sie vergessen, was passiert war und dass man Männern nicht trauen konnte. Hinzu kam, dass sie ihn nicht abblocken konnte. Sie nahm seine Gefühle und Regungen unkontrolliert wahr. Und was, wenn es nicht nur bei seinen Gefühlen blieb?
Dieser Bastard sah zudem äußerst gut aus und sie hätte nie gedacht, dass sie einen Mann einmal anziehend finden würde. Moment, ihre Gedanken gingen Wege, die sie nicht beschreiten wollte. Sie wollte diesen Mann nicht und damit fertig. Männer brachten nur Unglück und Verderben.
Wieder schlug sie zu und ein Ruck ging durch ihre Schulter, der sie aufstöhnen ließ. Verflucht, der Schnitt. Eloria würde sie umbringen, wenn die Naht wieder aufging. Sie schielte hinab und erkannte, dass dies in der Tat passieren würde. Seufzend ließ sie ihre Arme sinken und lehnte ihren Kopf kurz gegen den Boxsack. Sie fühlte sich ermattet und hoffte, dass sie das Abendessen überleben würde. Gerade kam ihre Schwester und rief sie und Urias zum Essen.
Sie musste sich klar darüber werden, was sie mit diesem Alexius anfangen wollte. Ihr Bruder schien zu allem bereit und sie würde sich schwerlich dagegen stellen können. Überraschungen hasste sie und konnte jetzt nur sehen, was passieren würde. Gequält begab sie sich auf den Weg zum Haus und malte sich die Tortur des Abendessens in den schillerndsten und schlimmsten Farben aus. Mit einem erzürnten Blick zum Haus ging sie zum Brunnen, um sich zumindest Hände und Gesicht zu waschen. 

Alle starrten Gabrielle an. Einige Haare hingen ihr in die Stirn und der Kopf war gesenkt, das Gesicht vor Anstrengung leicht gerötet. Mit steinerner Miene hob sie den Blick und kommentierte die Sitzordnung nur mit einem Ballen der Faust.
Anmutig setze sie sich an die Stirnseite. Sie war zu spät und das wusste sie, doch war ihr das egal. Ihr Bruder wäre so oder so fuchsteufelswild. Eloria schien nicht zu wissen, was sie tun sollte. Hochrangiger Besuch war ihr zudem fremd. Urias schien alles mit einer gewissen Belustigung zu betrachten, da er immer noch dieses leicht dümmliche Grinsen im Gesicht trug, mit dem er vorhin die Scheune verlassen hatte.
Innerlich fluchte sie, aber sie war zu wütend und musste sich abreagieren, damit sie dieses Abendessen überstand. Langsam legte sie die Hände auf den Tisch. Eloria blickte sie durchdringend an und wusste genau, was sie sah. Aufgeschürfte Fingerknöchel und einen kleinen Blutfleck an der Schulter. Als sie den Mund öffnete, um etwas zu sagen, kam sie ihr zuvor.
»Es ist alles in Ordnung Eloria. Würdest du bitte für uns das Tischgebet sprechen?«
Ihre Stimme klang annähernd normal und sie beglückwünschte sich ein bisschen. Das brennende Interesse, das von Alexius Dyke ausging, überlagerte sämtliche anderen Gefühle im Raum und sie musste sich außerordentlich konzentrieren dies zu verdrängen, damit sie nicht wahnsinnig wurde. Ihr Bruder ahnte nicht einmal annähernd, was er ihr antat.
Sollte sie sich doch auf ihn einlassen, so wie ihr Bruder gesagt hatte? Sie wusste es nicht. Das Schicksal wird seinen Weg gehen, ob sie wollte oder nicht. Den ersten Schritt würde sie Alexius Dyke überlassen, wobei das sonst nicht ihre Art war, die Hände tatenlos in den Schoß zu legen. Ihr Kiefer verkrampfte sich und allmählich bemerkte sie die heranschleichende Schwäche. Sie biss die Zähne zusammen, da sie nicht vor hatte hier besinnungslos vom Stuhl zu rutschen.
Gabrielle bekam nur mit, dass ihre Schwester das Schlusswort sprach, in das sie laut mit einfiel. Dann konnte sie endlich essen. An den Gesprächen beteiligte sie sich nicht weiter. Sollte ihr Bruder sehen, wie er eine Konversation am Leben hielt. Ihr schlechtes Gewissen regte sich allerdings, da der Mann neben ihr formal ihr Gast war. Seine intensiven Blicke auf ihr und das zunehmend nagende Interesse ließen sich nicht ausblenden.
Die plötzlich eintretende Stille machte sie stutzig, und als ihr Bruder seinen Fuß in ihr Schienbein bohrte, wusste sie, dass sie ihren Einsatz verpasst hatte. Fast hätte sie aufgelacht, da sie sich fühlte, als würde sie neben sich stehen und allmählich bekam sie zu der körperlichen Mattheit Kopfschmerzen.
»Wie bitte?«, presste sie etwas kratzig heraus und blickte sich desorientiert um. Sie war in der Küche, richtig. Abendessen mit allen, auch mit dem verflixten Sir Dyke, der an ihrer sonstigen Ruhe kratzte wie ein Hund an einer Tür, um ins Freie zu gelangen.
Als Alexius das Wort ergriff, fühlte sie wieder dieses innerliche Erschauern bei seiner samtigen Stimme. Das war gar nicht gut und mit Entsetzen erkannte sie, dass ihr Bruder Recht hatte. Sie mochte ihn. Mist.
»Ich möchte Euch gern einladen Gabriel. Wir trafen zwar unter unglücklichen Umständen aufeinander, jedoch möchte ich Euch und auch jeden Eurer Familie, wenn es Ihnen beliebt, herzlich auf dem Schloss willkommen heißen. Der Duke weiß es sicher zu schätzen, dass ihr mir Eure Gastfreundschaft angeboten habt.« 
Lächelte er unverbindlich. Sie nickte nur. Ihr Kopf schwirrte vor Anstrengung, sämtlichen äußeren Einfluss außerhalb ihres Kopfes zu lassen. Und nicht einmal das war ihr heute möglich. Plötzlich stach ihr ein Gedanke in den Geist, gesprochen mit einer samtigen männlichen Stimme. »Hoffentlich geht es ihm wirklich gut. Er sieht aus wie eine gekalkte Wand.«
Gabrielles Kopf schnellte herum und traf den besorgten Blick von Sir Dyke. Ohne nachzudenken sprach sie.
»Es geht mir gut, macht Euch keine Sorgen.«
Erst als sie seine verdutzte Miene sah, erkannte sie, dass sie einen Fehler begangen hatte, da sie nicht auf seine eigentliche Frage geantwortet hatte, sondern seine gedachte Besorgnis. Hastig sprang sie auf und der Raum drehte sich. Mühsam klammerte sie sich am Tisch fest, um ihr Gleichgewicht wieder zu erlangen. Als Alexius aufsprang, sprach sie laut.
»Nein«, etwas leiser fuhr sie fort, »bitte entschuldige mich Leo, aber ich muss …«, ließ sie den Satz offen, dann nickte sie vorsichtig. 
»Sir Dyke.« 
Und torkelte fast mehr aus dem Raum, als dass sie aufrecht ging. Leonidas sah ihr besorgt hinterher und Eloria sprang ebenfalls auf.
»Ich werde Gabb nachgehen, damit nichts passiert. Bitte entschuldigt mich.« 
Entfernte sie sich aus dem Raum. 

Alexius wusste nicht, was eben passiert war. Gabriel schien seine Gedanken gelesen zu haben, jedoch war das ausgeschlossen. Niemand konnte Gedanken lesen. Dann dachte er an Jared und war sich plötzlich nicht mehr so sicher. Unverbindlich lächelnd, aß er weiter und nahm das Gespräch wieder auf.
»Meine Einladung bleibt weiterhin bestehen.«
Leonidas runzelte nur die Stirn, dann nickte er.
»Ich danke Euch für das freundliche Angebot. Gern werden wir darauf zurückkommen.«
Alexius grinste leicht und tupfte sich den Mund mit einer Serviette ab. Er lehnte sich zurück und musterte Leonidas aufmerksam. Er schien kein Wort über den Vorfall verlieren zu wollen.
»Wenn es möglich wäre, würde ich mich sehr freuen, Gabriel bald einmal begrüßen zu dürfen. Da er einen ausgeprägten Hang zum Kampf hat, dürfte ihn die Schlossgarde sicherlich sehr interessieren.«
Leonidas sah zu Urias, da dieser die Stirn runzelte. Einige unausgesprochene Gedanken schienen zwischen ihnen hin und her zu fliegen. 
»Ich werde mit Gabriel sprechen«, sagte Urias. Leonidas nickte und Alexius nahm es so hin. Er hatte erfahren, dass Urias der Schmied hier auf dem Hof war und sich im Prinzip um fast alles kümmerte. Er mochte ihn, auch wenn er sich noch nicht schlüssig war, wie er zu Gabriel stand. Wieder traf ihn ein Stich der Eifersucht, den er sich nicht erklären konnte. Als das Abendmahl beendet war, erhob sich Leonidas.
»Wenn Ihr möchtet, dann zeige ich Euch unsere kleine Bibliothek. Sie wird sich vermutlich nicht mit der Euren messen können, jedoch sind einige interessante Bücher dabei. Wenn ich hinzufügen darf, ist dies Gabriels geheime Leidenschaft.«
Deutete er mit seiner Hand auf die Tür in den Flur und ließ Sir Dyke vorgehen. Als sie im Eingangsbereich waren, übernahm er wieder die Führung. Hinter einer weiteren Eichentür, die man über einen kleinen Durchgang erreichte, öffnete er die Bibliothekstür und trat beiseite. 
In dem kleinen Raum standen an allen Wänden Regale voll mit Büchern. Alexius Augen begannen zu strahlen und ein breites Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Langsam betrat er den Raum und schaute sich die Buchrücken verschiedener Bücher an. An einer Stelle schien eines zu fehlen und er streckte die Hand danach aus. Dann ging er weiter an den Buchreihen entlang und lächelte versonnen. Gabriel mochte also Bücher, nun damit konnte er dienen.
»Ich beglückwünsche Euch zu einer erlesenen Sammlung, Mayfield. Einige Werke sind sehr selten, wie habt Ihr sie bekommen?«, zog er ein Buch heraus, um sich den Einband genauer zu betrachten. Leonidas lehnte sich gegen eines der Regale. Er schien in Gedanken zu versinken.
»Vater reiste recht viel und brachte immer wieder Bücher mit. Und Gabriel hat das Talent auf dem Markt den Händlern die Bücher oft für einen günstigen Preis abzuschwatzen. Ich weiß nicht, woher dieses Talent kommt, aber Gabb setzt es geschickt ein.« 
Er lachte leise, da er sich an eine Episode zu erinnern schien.
»Einmal durfte ich dabei sein und es leibhaftig erleben. Gabriel nahm bei einem Händler verschiedene Bücher in die Hand und sah sie sich an. Eines schien ihn besonders zu interessieren, legte es aber wieder weg. Der Händler bemerkte es und wollte das Buch natürlich verkaufen.«
Alexius setzte sich jetzt in einen bequemen Sessel, der neben einem Lesetisch stand und lehnte sich zurück. Er fand es äußerst faszinierend, auf diese Weise etwas über den Jungen zu erfahren.
»Allerdings wehrte Gabb immer wieder ab und der Händler fragte, warum er nichts kaufen wolle. Er beugte sich zu dem Händler, sah sich nochmals kurz um und flüsterte dann mit unheilvoller Miene: ›Dieses Buch ist verflucht.‹ Mir ist, glaube ich alles aus dem Gesicht gefallen, als ich neben Gabb stand und dem Händler ging es ähnlich. Dann unterbreitete er ihm ein Angebot, dass an Lächerlichkeit kaum zu übertreffen war und Gabb meinte, dass er das Buch trotz des Fluches nehmen würde. Auch wenn der Händler wohl mit allen Wassern gewaschen war, so machte Gabb wahrlich ein Schnäppchen. Mit einem breiten Grinsen ritt er nachhause. Als ich fragte, ob das Buch wirklich verflucht sei, lachte Gabriel laut und meinte, dass es dieses Buch nicht ist, allerdings eines der Talismane des Händlers.«
Alexius lachte laut los und Leonidas fiel ein. Es war eine schöne Erinnerung, fand er.
»Wenn Ihr möchtet, dann könnt Ihr gern hier lesen oder eines der Bücher mit auf Euer Zimmer nehmen.«
Sir Dyke sah sich um und zuckte die Schultern.
»Welches Buch hatte Gabriel damals gekauft? Also das angeblich verfluchte?«
Leonidas sah sich um, dann deutete er auf die Lücke, bei der Alexius eben innegehalten hatte.
»Das Buch fehlt, aber ich vermute, dass Gabb es mit auf dem Zimmer hat. Er liest sehr gern darin.«
Alexius erinnerte sich, dass Gabriel ein Buch vom Boden aufhob, nachdem er wieder unsanft auf das Bett befördert wurde. Unwillkürlich schmunzelte er, da er in diesem Moment nicht damit gerechnet hätte, dass ihm ein Messer unter die Nase gehalten wurde.
»Ich danke Euch nochmals für die Gastfreundschaft. Wenn es in Ordnung ist, bleibe ich hier noch ein wenig sitzen.«
Leonidas verbeugte sich und lächelte mit blitzenden Augen.
»Wie Ihr beliebt. Ich wünsche Euch dann eine angenehme Nacht.«
Er genoss es, allein im Raum zu sein. Eine große Öllampe erhellte das Zimmer und er versank in seinen Gedanken. Gabriel faszinierte ihn, sorgte sich aber, da es ihm heute beim Abendessen nicht sonderlich gut zu gehen schien. Der Bruder erweckte einen recht passablen Eindruck und schien das Gehöft ordentlich zu führen. Zahlungseinbußen kamen bisher nie vor, soweit er sich erinnern konnte.
Die Schwester schien recht jung zu sein, und ebenfalls über einige Fähigkeiten zu verfügen. Und Urias? Er war sich nicht vollkommen im Klaren, was er mit dem Hünen anfangen sollte. Er schien Gabriel nahe zu stehen, war sich aber nicht sicher wie nahe. Es wurmte ihn, dass er es nicht wusste, und gleichzeitig hätte es ihm nichts ausmachen dürfen.
Alexius strich sich durch die Haare und seufzte. Wo sollte das alles nur hinführen? Er liebte die Frauen und war plötzlich in einen Kerl verschossen? Unwillig schüttelte er den Kopf. So oder so war er fasziniert von ihm und wollte nicht von ihm lassen. Vielleicht konnte er ihn heute noch sehen und kurz mit ihm sprechen.
Langsam erhob er sich und löschte die Lampe. Er wollte es nicht riskieren, das wertvolle Gut in Flammen aufgehen zu sehen. Dann steuerte er das Zimmer an, in dem er heute Nachmittag erwachte und sah sich im Zwielicht um. Es war unverändert, selbst das Buch lag auf dem Nachttisch. Er nahm es zur Hand und ging zum Flur, auf dem einige Lampen brannten.
Es handelte von der Schwertkampfkunst. Wer hätte das vermutet? Da er nicht müde war, beschloss er, nochmal nach Thunder zu sehen. Er wusste zwar, dass es ihm gut ging, jedoch war er die einzige vertraute Sache für ihn hier. 

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