Schwarzblut by Barekamy | World Anvil Manuscripts | World Anvil

Prolog

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Metallisches Scheppern begleitete eine Kompanie, welche verdammt dazu war, überlebt zu haben. Ob sie in einer gerechten Welt gefallen wären, als Strafe für ihre unaussprechlichen Schandtaten, oder es ihnen gewährt wäre länger die Luft der Lebenden zu atmen, um dann ebenfalls auf bestialischere Art zugrunde zu gehen, wussten nur die Götter. Falls es sie einmal gab.

Dies waren gottlose Zeiten, in denen nur eine krankhafte Blasphemie von dem überlebt hatte, was einst Ehre geheißen hatte.

Mit diesem und weiteren Wörtern schmückten sich die Leibeigenen der Könige, welche ihren Kriegszug antraten, immer auf der Suche nach einem greifbaren Erfolg, welcher eine Prämie versprach. Und wenn sie dann zurückkehrten, zuckten ihre spitzen Zungen zu Klängen, welche jeden Krieger vergangener Zeiten hochfahren würden ließen, hätte er Ohren, um zu lauschen. So prahlten sie von neu erschlossenem Land und schoben einen Glauben vor, dessen Richtlinien sie nicht im Ansatz folgten. 

Während sie weiter vorrückten, tratschten sie – wie alte Waschweiber – über bevorstehende Siege und ihre Würde als Ritter. Doch darüber konnten sie sich nur unterhalten, wie die Hungernden über eine fette Gans phantasierten. Mit schäumenden Mäulern und aberwitzigen, wie verdrehten Ansichten der Realität. Brüchigen Lippen, so brüchig wie die Lügengeschichten, welche sie ihren Familien in der Heimat erzählen würden. Gierig und unstillbar besessen von einer Illusion, welche es ihnen erleichterte zu tun, was sie taten.

Sie schienen wie Blinde, die über deren liebste Farben sprachen. Diese Männer waren so weit weg von Ritterlichkeit entfernt, wie die von ihnen geplünderten Ländereien, davon wieder aufgebaut zu werden. 

Nichts ließen sie zurück, außer Rauchsäulen am Himmel, welche die Orte markierten, die eins von Leben erfüllt gewesen waren und Mütter, deren Männer tot, Nachkommen verschleppt und Bäuche mit Bastarden gefüllt waren, welche nie geliebt werden würden. 

Alle Tiere wurden geschlachtet, wo es neben dem letzten magereren Wild schon den eigenen Leuten an Nahrung mangelte. Die Reihen der Armee speisten dagegen königlich. Doch benötigten die tapferen Soldaten diese Mahlzeiten, während drei Dörfer weiter den Kindern für verschimmeltes Brot die Köpfe eingeschlagen wurden. Dies lag mitunter daran, dass sie die Felder abfackelten. Nur solche im Feindesland, um dieses aushungern zu lassen. 

So wurde die Landschaft nach ihrem Eintreffen immer kahler. Auch weil jeder Baum gefällt wurde, um daraus Speere, Griffe, Schilde, Barrikaden und Türme zu bauen, sodass jede Festung der Zuflucht zu Fall gebracht werden konnte. 

Eine Spur der Verwüstung klebte an den Schuhsohlen jenes Heeres, welches nun auf dem Weg in das eigene Verderben war. Wie wandelnde Leichen. Derselbe Gestank nach Verwesung. So rotteten sie im Geiste dahin, bereits innen hohl, seelenlos, monströs. Nur gesteuert von einem einzigen Kommando, um gegen einen fremden Feind ins Feld zu ziehen. Einen den selbst diese Männer fürchteten, welche einst Hemnan gewesen waren. 

Doch Tuscheleien über Falschinformationen und Theorien um was es sich wohl handeln möge, gespickt mit Geschwätz aus dritter Hand, machten die lange Wanderung nicht erträglicher. Doch selbst in ihren unruhigen Fieberträumen in Vollmondnächten, wagten es diese missratenen Gestalten nicht, sich auszumalen, welch unheilige Übel die Welt der Sterblichen heimsuchen würden. 

Ein kalter Wind fegte durch die Reihen der Soldaten. Er küsste ihre stählernen Rüstungen, umschmeichelte ihre Wämser und Felle, welche darunter versteckt waren. Kalt wie eine Winternacht und begierig wie ein trunkener Lüstling. 

Die Böen schmiegten sich an das warme Fleisch darunter. Doch die Männer ließen sich von einer solchen Kleinigkeit nicht aufhalten. Frösteln taten sie schon seit Tagen, vielleicht Wochen. Besonders an den frühen Morgen, wenn der Rau noch in den Blättern hing und die Glieder träge waren, dann schmerzte es am meisten. Für ein behagliches Kaminfeuer, an dem die eiskalte Rüstung endlich abgenommen werden konnte, oder zumindest eine warme Speise, würde so mancher Soldat sich vergessen. 

Neben dem metallischen Scheppern der Rüstungen trug der Wind zudem ein anderes Geräusch durch das Tal, in dem die Truppen marschierten. Ein schwaches Glöckchen ertönte hier und da. Es gehörte zu einem Wanderstab, der von einem der Prediger geführt wurde. Ein Stück Holz mit einer bronzenen Spitze an dem vom Boden abgewandten Ende. Die Jünger des Allsehenden nannten dieses Glöckchen eine Träne, und es hatte auch die Gestalt einer solchen.

Es hing von einem Auge herunter, welches man in das Metall eingraviert hatte. Ein geschlossenes Auge. Die Kirchendiener glaubten daran, dass es über sie wachte und durch sie Frieden bringe. Sein Antlitz über ihnen erhoben, doch mit verschlossenen Liedern. So ließen sich manche Mönche die Augen nehmen, um durch ihre Seele zu sehen. Zu sehen, wie ihr Gott es tat. Denn er brauchte sie nicht zu betrachten, da auch seine Schöpfung ihn nicht erkennen konnte. Die Heiligkeit sei in allem, das lebt, gedeiht und ihm würdig. Und doch beweinte der Allsehende die Hemnan. 

Er vergoss Freudentränen, aber auch Tränen des Leids. Ein mitfühlender und gerechter Gott. Dies war er für seine Anhänger. Und so läuteten sie die Glocken eben jenes Allmächtigen während eines Kriegszuges, um sie zu begleiten und ihnen Kraft zu schenken. An diesem frostigen Nachmittag klang das Glöckchen mehr nach Letzterem: Einem traurigen Lied, welches von klapperndem Panzern und rasselnden Kettenhemden angestimmt wurde. Bald kam das Schmatzen des Erdreiches hinzu. Selbst der Himmel hatte begonnen zu weinen. 
Im Kontrast zu den grauen Minen der Anhänger des Allsehenden, waren ihre Gewänder in einem gelb-orangenen Ton gehalten. So sollte man sie leicht erkennen, auch von fern. Sie würden als Säulen des heiligen Lichts mit ihren reinen Roben durch das gewählte Land schreiten.
Mittlerweile waren ihre Roben dreckig und voller Erde. Eine Kruste aus dem Schmutz der Umgebung, welcher die Enden jenes farbenfrohen Stoffs zierte.

 

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